Giovanni Grippo
2. Band
Das Buch der Schöpfung ist eines der ältesten rabbinischen Traktate der kabbalistischen Lehrtradition. Dieses Buch wird meist als das älteste kabbalistische Werk überhaupt bezeichnet, aber es entstand mindestens 300 Jahre bevor die Kabbala eine selbstständige Strömung wurde! Die Bezeichnung „Kabbala“ bezog sich vor dem 9. Jahrhundert n.u.Z. auf mündliche Überlieferungen, die parallel zur Tora existierten. Die Tora, also die Heilige Schrift des Judentums, ist vielfältig auslegbar und die verschiedenen Auslegungen befinden sich im Talmud und in der Kabbala. Die Kabbala ist somit ein Sammeltrog verschiedener Auslegungen, meist mystischer Art. Der Talmud ist eher Sammeltrog praktischer Art. Das Sepher Jezira ist somit ein Buch das eine Auslegung in sich birgt. Diese Auslegung ist aber nicht nur eine kabbalistische…
Die ersten Kommentare über das Buch der Schöpfung wurden im 10. Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung geschrieben, aber der Text selbst wird bis auf das 2. Jahrhundert zurückgeführt. Hinweise auf dieses Werk erscheinen bereits im 1. Jahrhundert. Der Autor bleibt unbekannt und die Ursprünge dieses Buches sind für Historiker nicht mehr zugänglich. Da es viele Versionen gibt, bezieht sich diese Abhandlung auf den gegenwärtigen und gängigen Text (2500 Worte und sechs Kapitel).
Abraham, der Stammvater der Juden, Christen und Moslems, wird häufig als Verfasser genannt, dies liegt – meiner Meinung nach – an seinem hohen Ansehen im Judentum. So geheimnisvoll wie die Herkunft genauso geheimnisvoll ist auch die Bedeutung des Buches der Schöpfung. Die frühesten Kommentatoren versuchten das Sepher Jezira als einen philosophischen Text zu interpretieren. Heutzutage gilt es eher als meditatives Hand- oder Lehrbuch zur Visualisierung der 22 Wege und zur Visualisierung der 10 Welten. Die 22 Wege sind analog zu den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets. Die 10 Welten, die auf Hebräisch „Sephiroth“ genannt werden, sind Antriebe des sich Manifestierens Gottes im leeren Raum. Das Buch der Schöpfung zählt die 22 Wege und die 10 Sephiroth (Welten) zusammen und spricht von den „zweiunddreißig verborgenen Bahnen der Weisheit“. Der Erste Abschnitt des Buches beginnt folgend:
In zweiunddreißig verborgenen Bahnen der Weisheit zeichnete (Jah) Jahwe Zabaoth, der Gott Israels, der lebendige Gott und König der Welt, der allmächtige, barmherzige und gnädige Gott; hoch und erhaben ist er und ewig wohnend in der Höhe, heilig ist sein Name, erhaben und heilig ist er; er schuf seine Welt durch drei Zählprinzipien: Zahl, Zähler und Gezähltes. (Sepher Jezira; 1. Abschnitt, 1. Absatz)
Das Buch ist wahrscheinlich vor dem 6. Jahrhundert n.u.Z. entstanden. Aufgrund sprachlicher Besonderheiten und thematischer Nähe zu anderen geistigen Strömungen ist die Niederschrift (wahrscheinlich) zwischen dem 2. und 6. Jahrhundert (n.u.Z.) erfolgt. Mehrere Überarbeitungsschichten des Textes sind zu beobachten. Der erste Druck wurde aber erst 1552 in Paris gefertigt. Es liegen heute verschiedene Versionen vor, die teilweise auch Kommentare umfassen.
Gebunden, 72 Seiten
Format: 15,5 x 21,5 cm